ISBN: 978-3-8436-0728-5
Seiten: 207
Verlag: Patmos
Preis: 19,99€
Inhalt:
In dieser Biographie erzählt Ann
Helena Neudek von ihrer Kindheit – in der sie geschlagen, beleidigt
und erniedrigt wurde, und das alles von den eigenen Eltern. Sie wuchs
auf als verunsichertes Mädchen ohne Vertrauen in sich selbst, und
blieb es auch lange bis in ihr Erwachsenenleben hinein. Dadurch
merkte sie lange nicht, dass sie hochsensibel und hochbegabt ist. Doch
durch eine Therapie und ihren Ehemann fand sie einen Kompromiss mit
ihrem Leben.
"Seit meinem Nein, seit der Hochzeit und der Diagnose haben mich meine mir seit über dreißig Jahren bekannten Eltern verlassen und sich durch fremde, zärtlich besorgte ersetzt. Sie sind so neu, so anders, so irritierend tadellos. Ohne jede Bedingung, ohne jeden Vorwurf unterstützen sie mich. Meine Synapsen sind verwirrt [...]. Es ist, als ob meine Schaltzentrale die Hiebe ihrer Worte benötigte. Mehr und mehr übernehme ich in Stellvertretung selbst diese Aufgabe, schlage verbal fester zu, als sie es je taten. Mich niederzuschmettern ist mein Sollzustand, so schaurig-wohlig vertraut."
S. 45
Meine Meinung:
Eine Rezension zu diesem Buch ist sehr
schwierig, denn es ist eine Autobiographie zu einem sehr schwierigen
Thema, und dementsprechend sehr persönlich und emotional.
Deswegen fange ich am besten erst
einmal mit der Schreibweise an: Sie ist sehr poetisch und wird auch
regelmäßig durch Gedichte (oder etwas in die Richtung)
unterbrochen. Diese Gedichte haben mir sehr gut gefallen – denn
meistens hatte ich das Gefühl, dass durch diese Verse das Gemeinte
viel tiefgreifender und direkter bei mir als Leser ankam, als es der
Fließtext getan hat. Aber auch dieser war, natürlich genau wie die
Gedichte, stilistisch sehr genial. Mir haben die Metaphern und
Vergleiche sehr gut gefallen, denn durch sie ließen sich die
jeweiligen Begebenheiten viel besser nachvollziehen. Man darf ja
nicht vergessen, dass die meisten von uns nie etwas Derartiges erlebt
haben und deswegen niemals wirklich behaupten können, zu verstehen
was es in einem Menschen auslösen kann. Die Metaphern (am Ende war
etwas mit Schuhen, das mir immer noch im Kopf geblieben ist) haben
mir jedoch eine Ahnung davon geben können.
Das Thema selbst, dass die Autorin von
ihren Eltern geschlagen und beleidigt wurde, was letztendlich für
lange Zeit die einzigen Erinnerungen an ihre Kindheit waren, fand ich
sehr berührend. Ich muss zugeben, zeitweise habe ich geweint, als es
um ihre Depressionen als Erwachsene ging. In so etwas rutscht man
auch ohne schlimme Kindheitserinnerungen viel zu
schnell hinein, und es ist schrecklich.
Darüber zu lesen war sehr emotional.
Vor allem eben, da es wie schon gesagt sehr
persönlich war. Es war spannend, die Entwicklung der Autorin
mitzuerleben, wie sie von einem unsicheren Kind zu einer depressiven
Erwachsenen geworden war, dann jedoch bemerkt hat, dass ihre vielen
Mängel gesundheitliche Ursachen hatten und sie schließlich (so
glaube ich) sich damit abgefunden und das Beste daraus gemacht hat.
Das war sehr inspirierend. Denn schon am Anfang, als man Frau Neudek
als Mädchen und junge Erwachsene kennengelernt hat, schien es
unmöglich, dass sie überhaupt die Entwicklung durchmachen könnte,
dass sie sich trauen würde ihr Inneres der Öffentlichkeit
preiszugeben. Aber anscheinend hat es doch geklappt und ich hoffe,
dass es hilfreich war.
Fazit:
Mir hat das Buch sehr
gut gefallen. Es hat mir Einblick in ein Thema gegeben, mit dem ich
mich noch nicht beschäftigt habe, war sehr emotional und persönlich
(was ich nicht schlecht fand; ich freue mich, dass jemand seine
Erfahrungen auf diese Weise teilt) und war zudem auch noch
stilistisch eine Meisterleistung. Viele der Gedichte habe ich
mehrmals gelesen...
Vielen Dank an Frau Neudek und des
Patmos-Verlag für dieses Leserunden-Exemplar!
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