Sonntag, 5. Februar 2012

[Rezension] Alex Rühle: ohne Netz


War ein eher ruhiger Tag: 68 Mails im Eingang, 45 geschrieben. Ich mache den Rechner aus, ziehe meine Jacke an, stell mich in den Aufzug und denke: "Harakiri". Gute Nacht, du schöne Welt.
Alex Rühle, renommierter Journalist und Familienvater, wagt das scheinbar unmögliche Experiment: Für ein halbes Jahr geht er offline, nutzt kein Internet und kein Smartphone mehr. "Ohne Netz" beschreibt auf höchst amüsante, sympathische und intelligente Weise, wie ein unvernetztes Leben im digitalen Zeitalter aussieht.

Inhalt:
Der Klappentext sagt eigentlich schon alles. Der Journalist Alex Rühle startet einen Selbstversuch: ein halbes Jahr völlig ohne Internet, ohne Blackberry und jeglichen Internetzugang. Seinen Blackberry hat er abgegeben, sein Internet löschen lassen. Mit einem Vertrag hat er versichert, eventuelle Rückfälle zu beichten.
Als Sucht hat er es nie bezeichnet. Dass er täglich am PC sitzt und fast schon zwanghaft seine Mails checkt. Dass er es bitter bereut hat, seinen Blackberry nicht in seine 2-Wochen-Ferien mitgenommen zu haben. Dass das erste und letzte, was er am Tag macht, das checken seiner Mails ist.

Doch so allmählich wird es ihm klar: er ist süchtig. Es fällt ihm Anfangs sehr schwer ohne Internet, zumal er das in seinem Job als Journalist eigentlich braucht. Rundmails werden ihm ausgedruckt und vorbeigebracht, das alte Faxgerät erwacht wieder zum Leben, handgeschriebene Briefe werden verschickt.
Alex Rühle gewöhnt sich an das Leben ohne Internet, ja, er behauptet sogar, Angst davor zu haben, wieder online zu sein. Schließlich könnte er in seine alten Muster zurückfallen, und dann war das ganze Experiment sowieso nutzlos.

Der Computer seiner Frau ist kaputt. Sie geht an seinen und installiert das Internet wieder. "Nur für ein paar Tage, danach lösche ich es wieder", so in der Art. Aber das ist ja so, wie wenn man einem Alkoholiker auf Entzug ein Glas Bier vor die Nase stellt: Er kann nicht widerstehen.
Das Experiment droht zusammenzubrechen. Schafft der gebürtige Journalist es, zu widerstehen und sich wieder seinem Experiment zu widmen?

Meine Meinung:
Das Buch ist toll! Darauf gekommen bin ich nicht durch den Titel und auch nicht durch den Klappentext, sondern durch die Leseprobe auf Amazon. Schon die ersten Sätze haben mir gefallen. Da habe ich einfach beim DuMont-Verlag angefragt und auch die Zusage bekommen.

Am Anfang jeden Tagebucheintrags (es ist nämlich ein "Entzugstagebuch") sieht man diese Striche, die anzeigen, wie viel Empfang man hat. So sieht man auch, wenn er einen Rückfall hat, dass nun drei Striche da sind. Auch wenn er das erst ein paar Einträge später beichtet. 

Am Anfang jeden Kapitels (bzw. Monats) steht eine kurze, rätselhafte Zusammenfassung des folgenden Monats. Total verrückte Dinge, die erst dann einen Sinn ergeben, wenn man das Kapitel gelesen hat :D

Ich finde faszinierend, dass Alex Rühle sich als Internet-Süchtig beschreibt, aber kein facebook hat! Zitat: "Facebook ist eine Art laut verlesenes Tagebuch."

Kritik:
Die Einträge sind manchmal etwas langatmig, er schweift oft mit endlos langen Geschichten ab. Nicht, dass diese nicht interessant wären. Er kann echt gut schreiben. Aber sie hätten kürzer sein können. 

Cover und Altersempfehlung:
Das Cover finde ich wunderschön, weil es schlicht ist und der Titel immer größer Wird, wie als wäre der Empfang stärker. Passend zum Buch.
Empfehlen würde ich eigentlich immer, allerdings steht oft etwas kompliziertes und philosophisches drin, also wohl eher für etwas Ältere.

Fazit:
Ist zwar nicht so mein Ding, aber ganz interessant zu lesen und wer denkt er könnte eventuell süchtig sein oder verbringt definitiv zu viel Zeit am Computer, für den könnte dieses Buch ganz "erhellend" sein. Außerdem verbringt man dann Zeit vor einem Buch statt vor dem PC *lach*

Außerdem ist die Schreibweise wirklich toll, und es finden sich viele teils philosophische teils sehr belustigende Zitate darin.




 Verlag: DuMont
ISBN: 978-3-832-16164-4
Preis: 8,99€
Seiten: 247
Leseprobe?

Vielen Dank an den DuMont-Verlag für dieses Rezensionsexemplar!

1 Kommentar:

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